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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 06.02.2009
Aktenzeichen: 3 Ws 113/09
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 56 f |
3 Ws 106/09 3 Ws 107/09 3 Ws 108/09 3 Ws 109/09 3 Ws 110/09 3 Ws 111/09 3 Ws 112/09 3 Ws 113/09
Gründe:
Mit Beschluss vom 8.6.2006 hatte die Strafvollstreckungskammer den weiteren Vollzug der mit Urteil des Landgerichts Kassel vom 3.2.2003 (3620 Js 21329/02) angeordneten Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zur Bewährung ausgesetzt und die Vollstreckung des durch Anrechnung gem. § 67 IV StGB noch nicht erledigten Restes der im gleichen Urteil verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt.
Gleichzeitig hatte sie auch die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafen aus den Urteilen
- des Amtsgerichts Eschwege vom 7.3.2002 (9232 Js 22985/01),
- des Amtsgerichts Hannover vom 6.5.1993 (775 Js 48599/92), 20.10.1993 (775 Js 43584/93), vom 12.12.1994 (124 Js 21893/94), vom 8.12.1999 (144 Js 56043/99), vom 4.12.1996 (685 Js 48845/96) und vom 11.9.2000 (144 Js 27815/00)
(erneut) zur Bewährung ausgesetzt, die Dauer der kraft Gesetzes eingetretenen Führungsaufsicht (§ 67 d II S. 2 StGB) und der Bewährungszeit einheitlich auf 5 Jahre festgesetzt und dem Verurteilten für die Dauer der Führungsaufsicht und der Bewährung diverse Weisungen erteilt.
Mit Beschluss vom 12.11.2008 widerrief die Strafvollstreckungskammer die Aussetzung der o.g. Unterbringung und der o.g. Restfreiheitsstrafen gem. §§ 56f I Ziff. 1, 67 g I Ziff. 1 StGB. Der Verurteilte war während laufender Bewährungszeit erneut straffällig geworden und deshalb
- vom Amtsgericht Neustadt am Rüben am 14.8.2007 (66 Cs 105/07 - 2162 Js 61377/07) wegen Diebstahls und wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen und
- vom Amtsgericht Hannover am 17.10.2007 (286 Ds 94/07 - 7421 Js 76431/07) wegen Diebstahls geringwertiger Sachen zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen verurteilt. Mit Beschluss vom 14.1.2008 wurde aus diesen beiden Strafen eine Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen gebildet.
Darüber hinaus verhängte das Amtsgericht Hannover am 8.4.2008 (218 Ds 2162 Js 115098/07) wegen eines ebenfalls während der Bewährungszeit begangenen Einbruchdiebstahls eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten ohne Bewährung. Auf die Berufung des Verurteilten änderte das Landgericht Hannover am 29.10.2008, rechtskräftig seit dem gleichen Tage, das amtsgerichtliche Urteil dahingehend ab, dass die Vollstreckung der erkannten Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Verurteilten, der die Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht beigetreten ist, und der auch der Erfolg nicht zu versagen ist.
Zwar liegen die Voraussetzungen des § 56 f Abs. 1 Nr. 1 StGB vor, denn der Verurteilte ist im Bewährungszeitraum erneut straffällig geworden. Neben den mit Geldstrafen geahndeten Taten hat er den Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts Hannover vom 8.4.2008 zufolge in der Nacht vom 19.11. auf den 20.11.2007 die Schaufensterscheibe einer Apotheke mit einem Pflasterstein eingeworfen, dort Bargeld und 5 Packungen C und 1 Packung D an sich genommen und war noch in der Apotheke von Polizeibeamten angetroffen worden. Aufgrund zuvor konsumierter Medikamente und Alkohols ging das Gericht davon aus, dass die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Verurteilten aufgehoben war.
Auch ist der Verurteilte - worauf die Kammer zu Recht hingewiesen hat - bereits am Nachmittag des Tages seiner Entlassung aus der Maßregeleinrichtung drogenrückfällig geworden und haben bisher weder Therapien noch Geld- und/oder Freiheitsstrafen, deren Vollstreckung auch zur Bewährung ausgesetzt wurden, den Verurteilten in irgendeiner Weise beeindrucken können.
Durch die Straftaten hat sich auch gezeigt, dass die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat. Begeht der Verurteilte erneut Straftaten in nicht nur bedeutungslosem Umfang, gilt die mit der Strafaussetzung verbundene Erwartung, er werde sich künftig straffrei führen, als widerlegt (§ 56f Abs. 1 StGB).
Gleichwohl ergibt sich aus seinem Bewährungsversagen nicht zwingend die Notwendigkeit eines Widerrufes.
Das Landgericht Hannover hat unter Berücksichtigung der o.g. gegen den Verurteilten sprechenden Umstände - wenn auch mit erheblichen Bedenken - mit Blick auf die von dem Verurteilten aufgenommene intensive ärztliche und psychotherapeutische Behandlung in der Praxis Dr. B Ansätze einer positiven Prognose gesehen und die verhängte Strafe zur Bewährung ausgesetzt.
Wegen der besseren Erkenntnismöglichkeiten des die erneute Straftat aufgrund einer Hauptverhandlung aburteilenden Gerichts ist es in aller Regel auch geboten, sich dessen zeit- und sachnäheren Prognose anzuschließen (Senat, NStZ-RR 1996, 59; Beschluss vom 06.06.2005 - 3 Ws 477-479/05 -).
Hiervon abzuweichen sieht der Senat - bei allem Verständnis für die nachvollziehbare Argumentation der Strafvollstreckungskammer - keinen Anlass. Wie die Nachfrage der Berichterstatterin bei der den Verurteilten behandelnden Ärztin ergeben hat, hält dieser sich zuverlässig an alle Termine und hat er sich im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auch weiter stabilisiert. Rückfragen bei der Bewährungshelferin wie auch der Einrichtung des "A" (A) haben ebenfalls ergeben, dass es sich bei dem Verurteilten um einen absprachefähigen Probanden handelt. Im A befindet er sich zur Zeit in der "Zentralen Integrationsphase", wobei vorgesehen ist, ihn über die "Dezentrale Integrationsphase" langfristig in eine Wohnung sei es auf dem Gelände der Einrichtung oder auch außerhalb zu vermitteln
Derartige für einen seit seinem 13. Lebensjahr Suchtauffälligen bei aller Skepsis durchaus im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung zu sehenden positiven Ansätze erlauben es mit den im Tenor genannten geänderten Weisungen wegen des im Maßregelrecht geltenden Subsidiaritätsgrundsatzes von einem Widerruf der Unterbringung abzusehen (vgl. Fischer, StGB, 56. Auflage, Rn 3 zu § 67 g). Auch von einem Widerruf der gewährten Strafaussetzungen zur Bewährung konnte gem. § 56f II Nr. 1 StGB abgesehen werden.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung der §§ 467 I, 473 III StPO.
Ende der Entscheidung
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